Nach bisheriger Rechtslage verfällt ein nicht genommener Urlaub spätestens am 31. März des Folgejahres, auch wenn er infolge von Krankheit nicht genommen werden konnte. Von diesem Grundsatz hat der Europäische Gerichtshof, dem sich auch das Bundesarbeitsgericht angeschlossen hat, eine wesentliche Einschränkung vorgenommen:

a)       Der EuGH hat in seinem Urteil vom 20.01.2009, Az. C-350/06, das Recht eines Arbeitnehmers festgeschrieben, dass er auch über diese Stichtagsregelung hinaus einen Urlaubsanspruch bzw. einen Urlaubsabgeltungsanspruch hat, wenn er den Urlaub infolge Krankheit nicht nehmen konnte.

b)       Dieser Rechtsprechung hat sich das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 24.03.2009, Az. 9 AZR 983/07, und auch beispielsweise das LAG Düsseldorf im Urteil vom 02.02.2009, Az. 12 Sa 486/06, angeschlossen. Danach gilt nunmehr:

–        dass Urlaub nicht nur für Zeiten erworben wird, in denen der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt hat, sondern auch für Zeiten, in denen er ordnungsgemäß krankgeschrieben war, 

–        dass der Urlaubsanspruch nicht zum Ende eines Kalenderjahres bzw. zum Stichtag 31. März des Folgejahres verfällt, sondern vielmehr der aufgrund Erkrankung dem Arbeitnehmer nicht erteilte Urlaub zu späterer Zeit nachzugewähren ist,

–        dass der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zusätzlich einen Anspruch auf Abgeltung des noch offenen Urlaubs auch dann hat, wenn er dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt ist.

Dies gilt jedenfalls für alle Urlaubsansprüche, soweit sie nicht verjährt sind, also für die zurückliegenden drei Jahre und zumindest für die gesetzlich garantierten Mindesturlaubstage (24 Werktage = 4 Wochen gemäß § 3 BurlG).

Dies führt für einen Arbeitgeber zu erheblichen finanziellen Belastungen und Risiken. Erkrankt ein Arbeitnehmer dauerhaft, ohne dass es zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt, so können Urlaubsansprüche bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche für fast vier Jahre entstehen (drei Jahre Verjährungszeitraum + ein Jahr laufender Urlaub). Dabei ist höchstrichterlich noch nicht entschieden, ob tatsächlich die Verjährung von Urlaubsansprüchen bei Krankheit eines Arbeitnehmers eintritt oder durch Krankheit quasi der Verjährungseintritt gehemmt ist. Insgesamt stellt diese Änderung der Rechtslage eine gravierende Verbesserung der Arbeitnehmerposition dar.