Eltern steht automatisch das gemeinsame Sorgerecht zu, wenn diese zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes miteinander verheiratet sind. Bei unverheirateten Eltern liegt das alleinige Sorgerecht bei der Kindsmutter. Gemäß § 1626 a BGB steht unverheirateten Eltern die elterliche Sorge dann gemeinsam zu, wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen oder einander heiraten oder der Kindsvater ein Antrag auf Übertragung der beiderseitigen elterlichen Sorge stellt.

Ein ganz anderer Fall liegt bei der Ehescheidung vor. Sind die Partner zerstritten, kommt es nicht selten vor, dass ein Elternteil versucht, das alleinige Sorgerecht zu erhalten. Sollte dies der Fall sein, darf der andere Partner nicht mehr mitentscheiden z.B. in welche Schule das Kind geht. Der Antrag auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts ist bei dem zuständigen Familiengericht zu stellen. Die Richter prüfen dann im Rahmen einer Abwägung, ob dem Antrag stattgegeben wird. Dabei legen sie vor allem die Kriterien der Kontinuität, Förderung und soziale Bindung zugrunde.

Das Kriterium der Kontinuität wird vor allem deswegen zugrunde gelegt, da dem Kind eine einheitliche und stabile Erziehung gewährleistet werden soll. Dies wird an der Berechenbarkeit, Dauer, Sicherheit und zwischenmenschlichen Beziehung des Kindes gemessen. Es spielt eine große Rolle, zu welchem Elternteil das Kind eine besondere starke Beziehung hat. Das Gericht bewertet unter dem Förderungsaspekt gerade, bei welchem Elternteil das Kind die beste Entwicklungsgrundlage hat, wie z.B. Bildungsstand und finanzielle Mittel.

Bei dem Kriterium der sozialen Bindung soll vor allem berücksichtigt werden, dass das Kind nicht aus einem sozialen Umfeld, wie Geschwistern, Freunde, Verwandte und Schule getrennt werden soll.

Je nach Alter des Kindes kann auch dieses im Rahmen des Sorgerechtsverfahrens selbst zu den Lebensumständen und Präferenzen angehört werden. § 159 FamFG schreibt sogar eine Anhörung des Kindes vor, wenn dieses das 14. Lebensjahr vollendet hat. Die Befragung von jüngeren Kindern hängt von den einzelnen Umständen jeweils ab. Insoweit wird darauf abgestellt, ob das Kind schon die notwendige Reife hat für eine solche Anhörung. Die Richter sind aber an den Kindeswillen nicht gebunden. Unzutreffend ist es daher, dass das Kind ab 14 Jahre selbst entscheiden darf, wo es leben will.

Folgende Fälle können dazu führen, dass das alleinige Sorgerecht zugesprochen wird.

a) Kindesvermögensgefährdung

Die elterliche Sorge umfasst auch die Vermögenssorge. Wer zum Beispiel Geld auf dem Konto des Kindes veruntreut, gefährdet die finanziellen Interessen des Kindes.

b) Vernachlässigung

Ungenügende Pflege, mangelnde Ernährung und keine saubere Kleidung für das Kind führt auch zu einer Vernachlässigung. Ist das Kind ständig auf sich allein gestellt, weil sich die Eltern nicht kümmern, wird ebenfalls geprüft, ob die Sorgeberechtigung noch angemessen ist.

c) Erziehungsfehler

Erziehungsfehler führen auch dazu, dass das Sorgerecht entzogen werden kann. Ständige Wutanfälle oder auch zu hohe oder zu niedrige Anforderungen an das schulische Engagement können einen Erziehungsfehler darstellen.

d) Misshandlung

Wird ein Kind misshandelt, schreiten die Jugendämter meist schnell ein. Das geht so weit, dass auch die Misshandlung von älteren Geschwistern den Sorgerechtsentzug rechtfertigen kann, wenn nicht auszuschließen ist, dass auch das fragliche Kind misshandelt wird.

e) Schulpflicht

Die beharrliche Weigerung, ein minderjähriges Kind in die Schule zu schicken, ist ebenfalls ein Grund für den Sorgerechtsentzug.

f) Missbrauch des Sorgerechts

Wird die Erziehungsstellung zu rechtswidrigem Verhalten missbraucht, können Richter ebenfalls einschreiten. Dazu gehört zum Beispiel das Abhalten vom Schulbesuch (BayOLGZ 83, 231) und die Aufforderung des Kindes zu strafbaren Handlungen („Klauen schicken“).

g) Gesundheitsgefährdung

Es gibt eine Pflicht zur Gesundheitsfürsorge. Wer dem Kind eine notwendige medizinische Behandlung verweigert, handelt nicht im Sinne des Kindes. So auch Eltern, die Zeugen Jehovas sind und sich im Falle einer Frühgeburt weigern, einer notwendigen Bluttransfusion zuzustimmen (OLG Celle, Urteil vom 21. Februar 1994, Az: 17 W 8/94).

h) Unverschuldetes Verhalten der Eltern

Auch unverschuldetes Verhalten kann zum Wohle des Kindes zu einem Sorgerechtsentzug führen. Beispiele sind etwa eine (auch trotz Therapie) schädliche Suchtkrankheit der Mutter, von der auch künftig nicht erwartet wird „clean“ zu werden (LG Berlin ZfJ 80, 188), Drogensucht im Allgemeinen (OLG Frankfurt FamRZ 83, 530), aber auch für das Kind gefährliche Krankheiten, beispielsweise partiell auftretende paranoide Psychosen

i) Gefährliches Umfeld durch Dritte

Kinder sollen nach dem Willen der Rechtsprechung nicht in potentiell gefährlichen Umfeldern aufwachsen. Dazu gehören die Drogen- und Prostitutionsszene und gefährliche Gruppierungen.