Für die Zeit nach der Scheidung geht das Gesetz grundsätzlich davon aus, dass jeder Ehegatte künftig für seinen eigenen Unterhalt zu sorgen hat. Dieser Grundsatz wird jedoch in den §§ 1570 ff. BGB häufig durchbrochen, wenn ehebedingte Nachteile entstanden sind.
Eine Nachwirkung der Ehe kann darin bestehen, dass der Partner, der gerade mit Rücksicht auf die Eheschließung, die Kindererziehung oder die Rollenverteilung innerhalb der Ehe einen Nachteil in seinem beruflichen Werdegang und damit in aller Regel eine nicht unerhebliche Einbuße seiner Einkünfte erlitten hat. Solche Nachteile sind gemäß § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB auszugleichen. An einem einfachen Beispiel mag dies verdeutlicht werden:
Die Ehefrau hat – nachdem sie 20 Jahre lang den Haushalt geführt und die gemeinsamen Kinder betreut hat – ihre frühere Arbeit wieder aufgenommen, die sie vor der Ehe ausgeübt hat. Sie hat allerdings den beruflichen Anschluss versäumt und verdient nunmehr lediglich 1.500,00 € monatlich. Hätte sie – wie ihre Kollegin ohne Ehe – durchgearbeitet, würde sich ihr jetziges Einkommen auf 2.000,00 € belaufen. Der durch die Ehe entstandene Einkommensnachteil errechnet sich somit mit 500,00 € monatlich. Der Ehemann verdient 3.000,00 €. Er hat während der Ehe seine berufliche Tätigkeit in keiner Weise eingeschränkt. Die Ehe wird geschieden.
Nach der üblichen Praxis bei der Anwendung des § 1578b BGB hätte die Ehefrau – wenn sonst keine Besonderheiten hinzukommen – einen unbefristeten Unterhaltsanspruch in Höhe ihres ehebedingten Nachteils, d. h. 500,00 € monatlich. Die Frau wäre dann unterhaltsrechtlich so gestellt, als hätte sie nicht geheiratet und keine Einkommenseinbußen erlitten. Betrachtet man dies von der Seite des unterhaltspflichtigen Ehemannes, so muss dieser monatlich 500,00 € ausgleichen, so dass ihm nur 2.500,00 € verbleiben. Hätte er nicht geheiratet, so hätte er weiterhin sein volles Einkommen in Höhe von 3.000,00 €.
Hier stellt sich die Frage, ob nicht auch auf Seiten des Unterhaltspflichtigen diese Einkommenseinbuße, die letztlich auch aufgrund der Ehe und deren Nachwirkungen entstanden ist, auszugleichen wäre. Ein findiger Kollege (Schausten, Forum Familienrecht 2011, 243 ff.) hat diese Fragestellung aufgeworfen und folgende Empfehlung ausgesprochen:
„Steht fest, dass die fortdauernde Teilhabe des unterhaltsberechtigten Ehegatten an den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig ist, steht aber gleichzeitig fest, dass der berechtigte Ehegatte einen ehebedingten Nachteil erlitten hat, dann ist bei der Bemessung des angemessenen Unterhalts im Sinne von § 1578 b Abs. 1 BGB der Bedarf des berechtigten Ehegatten aus der Summe seiner tatsächlich erzielten oder unter Berücksichtigung seiner Erwerbsobliegenheit erzielbaren Einkünfte und des hälftigen ehebedingten Nachteils zu ermitteln. Dies gebietet die Solidarität, da nur bei dieser Bedarfsbemessung beide Ehegatten zu gleichen Teilen die sich aus der gemeinsamen Ehe ergebenden Nachteile tragen …“.
Zum Teil wurde dieser Auffassung – jedenfalls im Ergebnis – zugestimmt (Kieninger FamRZ 2013, 1355), allerdings unter Hinweis auf den Halbteilungsgrundsatz. Dieser besagt, dass der Unterhaltsberechtigte im Ergebnis nicht mehr erhalten darf, als dem Unterhaltspflichtigen verbleibt.
Kritische Anmerkungen hierzu kamen von einem anerkannten Familienrechtler (Borth, FamRZ 2013, 1355). Auf die einzelnen Argumente soll hier nicht näher eingegangen werden.
Im Ergebnis gelangt aber auch diese Meinung dazu, dass im Rahmen einer Billigkeitsprüfung ein dauerhafter Nachteilsausgleich ebenfalls eingeschränkt werden kann. So vor allem, wenn sich der geschuldete Unterhalt über viele Jahre hinweg – bis zum Bezug der Altersrente – hinziehen würde. Insoweit kann aus Billigkeitsgründen auch der Nachteilsausgleich gekürzt werden, was vor allem bei beschränkten Einkommensverhältnissen geboten ist, wenn die Unterhaltspflicht die Handlungsfreiheit des Unterhaltspflichtigen (Art. 2 Abs. 1 GG) erheblich einschränkt, „die Voraussetzung einer Begrenzung des Unterhalts wegen fehlender Leistungsfähigkeit aber (noch) nicht vorliegt“.
Eine obergerichtliche Entscheidung hierzu liegt bislang nicht vor, so dass abzuwarten bleibt, wie die Familiengerichte diese Problematik in ihrer Praxis behandeln werden.