Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble haben sich für den Kauf einer brisanten Steuersünder CD ausgesprochen, die ein Informant der Bundesregierung für 2,5 Millionen Euro anbietet. Angeblich könnten mit den auf der CD befindlichen Bankdaten von Schweizer Konten 1500 deutsche Steuersünder entlarvt werden. Höchst strittig ist jedoch, ob der Ankauf rechtlich zulässig ist oder nicht (vgl. Spiegel-online v. 02.02.10). Wir sehen den Kauf zumindest unter strafrechtlichen Gesichtspunkten als problematisch an.
Klar kann man sagen, dass der Staat wirtschaftlich betrachtet unter dem Strich ein sehr gutes Geschäft machen wird, da die durch den Kauf der Steuersünder-CD zu erwartenden Steuerrückzahlungen ein Vielfaches des Informantenhonorares sein werden. Auch hält sich verständlicherweise bei der Bevölkerung das Mitleid mit den Steuersündern in Grenzen, die Millionen am deutschen Fiskus vorbeischachern. Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Warum also groß überlegen, eine CD anzukaufen, mit der man möglicherweise 1500 Steuersünder auf einmal überführen könnte?
Weil es jedenfalls strafrechtlich betrachtet beim Kauf einer Steuersünder-CD aus dubiosen Quellen um mehr geht, als nur nach der Prämisse zu verfahren, „der Zweck heiligt die Mittel“. Es geht um die Glaubwürdigkeit der Strafverfolgung. Diese rechtfertigt sich als schärfste Form staatlicher Machtausübung gerade aus seiner moralischen Überlegenheit gegenüber der Straftat. Je kleiner die ethische Differenz zwischen Strafverfolgung und Straftat durch Paktieren mit Kriminellen wird, umso mehr verschwimmen die Grenzen von Gut und Böse. Gerade im Strafrecht darf der Staat seine moralische Überlegenheit deshalb nicht in Zweifel ziehen. Es ist im Übrigen in der Strafrechtswissenschaft umstritten und höchstrichterlich noch nicht geklärt, ob die Informationen auf einer Steuersünder-CD in einem Strafverfahren überhaupt verwertbar wären. Sind sie es nicht, wovon wir tendenziell ausgehen, relativiert sich obige „der Zweck heiligt die Mittel“-Theorie erheblich.