Am 16.01.2012 wurde vom Bundesjustizministerium und Bundesgesundheitsministerium der Entwurf für ein Patientenrechte-Gesetz vorgestellt. In dem Entwurf sollen die Rechte von Patienten insbesondere bei Arzthaftungsfällen gestärkt werden. Das geplante Gesetz bringt jedoch kaum Änderungen zu der bereits geltenden Rechtslage.

1. Was sieht der Gesetzesentwurf vor?

Der Entwurf eines neuen Patientenrechte-Gesetzes sieht vor, dass der Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patient eine ausdrückliche Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ähnlich wie bereits der Reisevertrag, Kaufvertrag, Dienstleistungsvertrag, Werkvertrag, etc. erfährt. Hierbei sollen auch die Aufklärungspflichten des Arztes gesetzlich geregelt werden. Die Patienten sollen vor jedem Eingriff umfassend über die konkrete Behandlung und die sich daraus ergebenden Risiken aufgeklärt werden. Schließlich sollen für Patienten Beweiserleichterungen gesetzlich geschaffen werden. Die Beweisfrage ist nahezu in jedem Arzthaftungsfall ein Hauptproblem. Der Patient muss nämlich, um einen Schadensersatzanspruch durchsetzen zu können, nicht nur einen Schaden darlegen, sondern grundsätzlich auch vollumfänglich den ärztlichen Fehler und dessen Kausalität zu dem geltend gemachten Schaden nachweisen. Der Entwurf des Patientenrechte-Gesetzes sieht nunmehr vor, dass es bei bestimmten Fallgruppen wie einem „groben Behandlungsfehler“ Beweiserleichterungen zu Gunsten des Patienten geben soll. Dagegen soll es bei sog. „einfachen Behandlungsfehlern“ dabei verbleiben, dass der Patient den Behandlungsfehler sowie die Ursächlichkeit dieses Fehlers für die eingetretene Gesundheitsschädigung nachweisen muss. Schließlich sieht der Entwurf des Patientenrechte-Gesetzes auch vor, dass Krankenkassen zukünftig bei Behandlungsfehlern verpflichtet werden, ihre Versicherten bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen zu unterstützen. Diese Unterstützungsleistungen sollen nach dem Willen des Gesetzgebers insbesondere die Beweisführung betreffen, etwa durch das zur Verfügung Stellen von medizinischen Gutachten. Das Patientenrechte-Gesetz soll Anfang 2013 in Kraft treten.

2. Änderungen zur gegenwärtigen Rechtslage?

Vergleicht man die durch den Entwurf eines Patientenrechte-Gesetzes geplanten Änderungen mit der gegenwärtigen Rechtslage, so stellt man fest, dass in rechtlicher Hinsicht keine wesentlichen inhaltlichen Verbesserungen der Patientenrechte mit dem Entwurf einhergehen.

Ob der Behandlungsvertrag gesetzlich ausdrücklich im BGB geregelt ist oder nicht, ist für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nicht entscheidend. Auch bisher schon hat man den Behandlungsvertrag als Vertrag eigener Art angesehen, aus dem Patientenrechte hergeleitet werden können. Die ausdrückliche Aufnahme des Behandlungsvertrages in das BGB ist insofern nur eine Klarstellung.

Auch im Hinblick auf eine gesetzliche Regelung von Aufklärungspflichten entspricht es schon der bisherigen Rechtslage, dass Ärzte verpflichtet sind, vor jedem Eingriff Patienten umfassend aufzuklären. Schon jetzt muss der Arzt über alle medizinisch bedeutsamen Umstände aufklären, so dass der Patient eine allgemeine Vorstellung von der Schwere des Eingriffs und den spezifisch mit ihm verbundenen Risiken hat. Es ist auch bereits rechtlich anerkannt, dass ein Verstoß gegen die Aufklärungspflichten für sich genommen Schadensersatzansprüche auslösen kann.

Auch die geplante Beweislasterleichterung bei „groben Behandlungsfehlern“ ist nichts Neues. Es entspricht bereits der ständigen Rechtsprechung, dass grobe Behandlungsfehler zu einer Beweislastumkehr führen, mit der Folge, dass der Arzt die fehlende Ursächlichkeit seines Fehlers für die eingetretenen Schäden nachweisen muss. Da es im Übrigen nach dem Entwurf des Patientenrechte-Gesetzes bei der vollen Beweislast des Patienten bei allen anderen – viel häufiger vorkommenden – „einfachen Behandlungsfehlern“ bleibt, wird sich auch in Zukunft in Arzthaftungsprozessen der Streit oft um die tatsächliche Frage drehen, ob ein „grober Behandlungsfehler“ vorliegt.

Zu begrüßen ist zwar die geplante Einführung einer gesetzlichen Verpflichtung, dass Krankenkassen ihre Versicherten bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen unterstützen müssen. Eine wirkliche Verpflichtung sieht das Gesetz jedoch gar nicht vor, sondern nur eine „Soll-Vorschrift“. Außerdem ist nicht genau definiert, welche Unterstützungsleistungen die Krankenkassen erbringen müssen. Dass Krankenkassen ihre Versicherten im Rahmen von Arzthaftungsfällen unterstützen können, ist schließlich auch bisher schon Gesetz.

3. Fazit

Mit dem Patientenrechte-Gesetz wird auf dem Gebiet des Arzthaftungsrechts im Grunde nur bereits geltendes Richterrecht in Gesetzesform gegossen. Die wesentlichen Probleme bei Arzthaftungsfällen werden deshalb auch nach in Kraft treten des Patientenrechte-Gesetzes die alten bleiben. Dies insbesondere im Hinblick auf das Kernproblem, wie ein ärztlicher Behandlungsfehler nachgewiesen werden kann. Ein Verdacht, dass eine Behandlung nicht korrekt erfolgt ist, reicht für die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Arzt nicht aus. Verstärkt wird die Nachweisproblematik dadurch, dass Ärzte anders als andere Berufsgruppen berufsrechtlich nicht verpflichtet sind, auf eigene Fehler hinzuweisen. Dies liegt daran, dass Behandlungsfehler auch immer strafrechtliche Konsequenzen für den Arzt nach sich ziehen können. Im Strafrecht gilt jedoch der Grundsatz, dass niemand sich selbst belasten muss. Ärzte stecken deshalb oft in einer „Zwickmühle“: Einerseits wollen sie Ihren Patienten in jeder Hinsicht beistehen und würden deshalb auch bei der Aufklärung von Behandlungsfehlern behilflich sein. Andererseits wollen sie verständlicherweise keine Bestrafung riskieren und werden insofern nicht an ihrer eigenen Überführung mitwirken. Ohne ärztliches Gutachten wird somit auch in Zukunft kein Behandlungsfehler belegbar sein. Die Einholung eines Privatgutachtens ist teuer. Eine besondere Bedeutung in Arzthaftungsfällen wird deshalb weiterhin auch den Schlichtungsstellen der Ärztekammern zukommen. An diese kann ein Patient eine Beschwerde richten. Die Schlichtungsstelle lässt dann ein ärztliches Gutachten erstellen. Dieses wiederum kann zur Grundlage etwaiger Schadensersatzansprüche gemacht werden. Alternativ zum Anrufen der Schlichtungsstelle kann ein Patient sich auch gleich über ein sog. Beweissicherungsverfahren an ein Gericht wenden und einen gerichtlich bestellten Gutachter beauftragen lassen. Vorteil eines solchen Vorgehens ist, dass es in der Regel schneller geht und das Gutachten in einem möglicherweise folgenden Schadensersatzprozess als Gerichtsgutachten verwertbar ist. Der Nachteil liegt darin, dass es im Vergleich zu einem Vorgehen über die Schlichtungsstelle ein nicht unerhebliches Kostenrisiko zu beachten gilt. Um beim Verdacht von Behandlungsfehlern das optimale Vorgehen sicherzustellen, sollte über die in Betracht kommenden Handlungsalternativen anwaltlicher Rat eingeholt werden.