Bei alten und psychisch kranken Menschen, die aufgrund Ihres Zustandes teilweise nicht mehr in der Lage sind, sich selbst vor Unfällen zu schützen, stellt sich in Pflegeheimen und Betreuungseinrichtungen regelmäßig die haftungsrelevante Frage, ab wann als Sturzprophylaxe beispielsweise Fixierungen oder ein Bettgitter angebracht werden müssen. In zwei interessanten Fällen haben sich das OLG Düsseldorf (Beschl. v. 13.07.2010, Az.: I-24 U 16/10) und das OLG Köln (Beschl. v. 05.05.2010, Az. 5 W 10/10) mit dieser Frage beschäftigt.
Beide Gerichte gehen davon aus, dass sich sowohl aus dem Behandlungsvertrag als auch inhaltsgleich aus deliktischen Verkehrssicherungspflichten grundsätzlich Obhutspflichten der jeweiligen Einrichtung zum Schutz der körperlichen Unversertheit des ihnen anvertrauten Patienten ergeben können. Diese können Schadensersatzansprüche des bei einem Sturz verletzten Patienten begründen. Allerdings weisen beide Gerichte darauf hin, dass die Obhutspflichten begrenzt sind. Die Pflichten bestehen nur bei gegebener Veranlassung und nur in den Grenzen des Erforderlichen und des für das Betreuungspersonal und den Patienten zumutbaren. Zur Vermeidung eines Sturzes ist der Patient weder ständig zu fixieren noch ununterbrochen zu überwachen, es sei denn im Einzelfall erforderten konkrete Hinweise auf eine Sturzgefahr eine entsprechende Maßnahme. Ein „Fixierungsbeschluss“ eines Vormundschaftsgerichts mit dem wiederkehrende freiheitsentziehende Maßnahmen genehmigt werden, ist in diesem Zusammenhang kein „Befehl zum Handeln“, sondern nur eine Erlaubnis für den Einzelfall. Da in beiden von den Gerichten zu entscheidenden Fällen ein konkreter Hinweis für die Gefahr einer Schädigung des Patienten durch einen Sturz fehlte, verneinten die Gerichte Schadensersatzansprüche.
Unseres Erachtens verdienen die Entscheidungen des OLG Düsseldorf und OLG Köln Zustimmung. Dies vor allem auch aus dem Aspekt, dass Sicherungsmaßnahmen wie Fixierungen und auch ein Bettgitter gegen den Willen des Patienten eine erhebliche Einschränkung der persönlichen Freiheit des Patienten bedeuten. Derartige Maßnahmen sind nur im Falle einer konkreten, akuten und erheblichen Gesundheitsgefährdung gerechtfertigt. Regelmäßig beanstanden Patienten und Angehörige deshalb nicht fehlende Sicherungsmaßnahmen, sondern lehnen Fixierungen und Bettgitter vielmehr als unverhältnismäßig ab. Dementsprechend empfiehlt auch der „Expertenstandard Sturzprophylaxe in der Pflege“, dass die Verwendung freiheitseinschränkender Maßnahmen einschließlich Bettgitter zur Sturzprävention unbedingt vermieden werden sollten, da Personen, die fixiert wurden nach Beendigung dieser Maßnahme ein etwa doppelt so hohes Risiko hatten zu stürzen als Personen, die nicht fixiert worden waren.