Seit Tagen berichten die Medien über den Fall des Oscar Pistorius. Pistorius wird vorgeworfen seine Freundin Reeva Steenkamp mit drei Schüssen durch die verschlossene Badezimmertür in Kopf, Arm und Hüfte ermordet zu haben. Er selbst dagegen behauptet, aus Versehen geschossen zu haben, da er seine Freundin für einen Einbrecher hielt, der sich im Badezimmer eingeschlossen hat.

Versucht man den Fall mit Maßstäben des deutschen Strafrechts zu bewerten, fällt einem ein anderer Aufsehen erregender Fall ein, den der BGH vorletztes Jahr zu entscheiden hatte und der Ähnlichkeiten zum Fall Pistorius besitzt (vgl. BGH vom 2.11.2011-2 StR 375/11). Der BGH hat in diesem Fall ein Mitglied der Rocker-Gruppe „Hells-Angels“ vom Vorwurf des Totschlages freigesprochen, das einen Polizisten durch die verschlossene Wohnungstür erschossen hatte als dieser gerade versuchte im Rahmen einer richterlich angeordneten Hausdurchsuchung die Tür des Hauses des Rockers zu öffnen. Der BGH hielt es nach den landgerichtlichen Feststellungen für erwiesen, dass der Rocker bei Abgabe der Schüsse durch die verschlossene Türe davon ausging und auch davon ausgehen durfte, er werde von einem Mitglied der „Bandidos“ überfallen, da ein solcher Überfall dem Rocker gegenüber angekündigt wurde. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein so genannter Erlaubnistatbestandsirrtum, also die irrtümliche Annahme einer Notwehrsituation im Ergebnis ebenso zu behandeln wie ein Fall tatsächlich gegebener Notwehr.

Ob Pistorius die Parallele zum BGH helfen kann, ist jedoch sehr zweifelhaft. Entscheidend sind nämlich die konkreten Tatumstände. Diese liegen nach allem was man so aus der Presse weiß im Fall Pistorius etwas anders. Die Tür durch die Pistorius geschossen hatte, befand sich innerhalb des Hauses. Ein Überfall wurde Pistorius gegenüber nicht angekündigt. Die erschossene Freundin lag zuvor mit ihm im Bett. Pistorius suchte offensichtlich kein Gespräch mit dem vermeintlichen Eindringling bevor er die Schüsse abgab. Selbst wenn man Pistorius einen Irrtum zu Gute halten will, hätte er diesen deshalb wohl vermeiden können, so dass nach deutschem Strafrecht mindestens von Fahrlässigkeit auszugehen wäre. Es bleibt in jedem Fall spannend wie sich das Strafrechtsdrama um Pistorius weiterentwickelt wird. Dies vor allem deshalb, weil nunmehr offenbar auch noch der Chefermittler in Mordverdacht geraten ist (vgl. Spiegel-Online).