Im Zuge der Steuer-Affäre um Uli Hoeneß wird rechtspolitisch heftig Kritik an der Regelung der strafbefreienden Selbstanzeige aus § 371 AO geübt. Diese sei eine abzuschaffende Besonderheit des Steuerstrafrechts und widerspreche gerade in schweren Fällen, wenn es etwa um mehr als eine Million Euro hinterzogener Steuern geht, dem Gerechtigkeitsgefühl (vgl. Spiegel online).

Diese Kritik ist aus unserer Sicht nicht in jeder Hinsicht berechtigt. Erstens wurden die Anforderungen für die strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige mit dem am 03.05.2011 in Kraft getretenen sogenannten Schwarzgeldbekämpfungsgesetz (vgl. BGBl. I 2011, S. 676 f.) erheblich verschärft mit der Folge, dass bei Hinterziehungsbeträgen von über 50.000 ¤ – und damit in schweren Fällen – allenfalls eine Verfahrenseinstellung nach § 398 a AO in Betracht kommt, wenn  ein 5 %iger Zuschlag auf die hinterzogenen Steuern gezahlt wird. Das Prinzip der tätigen Reue ist zweitens dem allgemeinen Strafrecht nicht fremd. Beispielsweise sieht auch die Unfallflucht in § 142 Abs. 4 StGB vor, dass von einer Strafe abgesehen werden kann, wenn der „Unfallflüchtling“ sich innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach dem Unfall freiwillig bei der zuständigen Polizeidienststelle meldet bevor die Tat entdeckt wurde.

Der Unterschied zur Selbstanzeige besteht darin, dass im allgemeinen Strafrecht das Prinzip der „tätigen Reue“ als „Ermessenvorschrift“ oder verbindliche Strafmilderungsvorschrift ausgestaltet ist, während die strafbefreiende Wirkung bei der Selbstanzeige im Steuerstrafrecht bindende Rechtfolge ist. Rechtspolitisch überlegenswert halten wir deshalb eine Anpassung der Selbstanzeige an die Vorschriften des allgemeinen Strafrechts und eine Ausgestaltung als „Ermessenvorschrift“. Dies würde auch den Gerichten in Steuerstrafverfahren u.U. mehr Spielraum geben und den „hopp oder top-Druck“ – wie er offensichtlich auch im Fall Hoeneß da ist – von der Selbstanzeige nehmen. Eine komplette Streichung der Möglichkeit einer Selbstanzeige nach § 371 AO halten wir dagegen weder kriminal- noch steuerpolitisch für sinnvoll.