Zum Sachverhalt:

Vor sechs Jahren starb die 15-jährige Tochter der Klägerin. Das Mädchen wurde von einem einfahrenden Zug im Bahnhof überrollt. Ein Fremdverschulden wurde von der Polizei ausgeschlossen. Die Mutter erhoffte sich über den Facebook-Account ihrer Tochter Antworten zu finden. Insbesondere erhoffte die Mutter sich mit Nachrichten an Freunde oder Posts Hinweise zu finden, die einen geplanten Suizid der Tochter andeuten.

Der Zugang zum Konto des sozialen Netzwerkes wurde der Mutter durch Facebook verwehrt, obwohl die Mutter das Passwort für den Zugang hatte. Die Mutter hatte ihrer Tochter im Jahr 2011 erlaubt, sich bei Facebook anzumelden. Da war das Mädchen 14 Jahre alt. Bedingung der Mutter war allerdings, dass die Tochter ihr das Passwort nennen muss. Nach dem Tod der Tochter konnte sich die Mutter aber trotz des richtigen Passworts nicht mehr bei Facebook anmelden, um den virtuellen Nachlass zu sichten. Facebook hatte das öffentlich sichtbare Profil des Kontos bereits im sogenannten Gedenkzustand eingefroren – mit dem Zusatz „In Erinnerung an“. Der Gedenkzustand wird aktiviert, wenn jemand dem sozialen Netzwerk den Tod des Nutzers meldet. Das Konto ist dann nicht mehr einsehbar, es eine Art virtuelles Kondolenzbuch. Unklar ist, wer den Tod der Schülerin angezeigt hatte. Die Eltern waren es nicht. Seitdem stritten die Eltern mit dem Internetkonzern um den Zugang zum Facebook-Account der Tochter.

Zur Prozessgeschichte:

In erster Instanz vor dem Berliner Landgericht bekamen die Eltern zunächst Recht. Ende 2015 urteilten die Richter, dass Facebook den Eltern Einblick in das Konto der Tochter gewähren müsse. Facebook ging gegen die Entscheidung vor. Das soziale Netzwerk berief sich auf die Persönlichkeitsrechte Dritter, die zu schützen seien.

Das Kammergericht gab in der folgenden Berufungsverhandlung nach langer Beratung dem Internetunternehmen Recht und wies Mitte vergangenen Jahres die Klage der Mutter ab. Die Begründung des Gerichts lautete wie folgt:  „Der Schutz des Fernmeldegeheimnisses stehe dem Anspruch der Erben entgegen, Einsicht in die Kommunikation der Tochter mit Dritten zu erhalten“.

Die Richter am Kammergericht ließen aber eine Revision ausdrücklich zu – um die nun gefallene Grundsatzentscheidung zu erstreiten. Denn die Vererbbarkeit digitaler Inhalte ist juristisches Neuland. Die Richter zogen in ihrer Begründung Parallelen zu Dokumenten auf Papier. Diese gehen auch auf die Erben über. Nichts anderes kann für den digitalen Nachlass gelten.

Bedeutung hat das Urteil aber nicht nur für Facebook, sondern auch für ganz reguläre E-Mail-Konten. Damit ist gesichert, dass Erben an die E-Mail-Konten des Verstorbenen herankommen dürfen.